Momentaufnahmen der Potsdamer Straße im September 2019
Die Neue Nationalgalerie zu Beginn der Renovierung.
Geschichte der "Potse"
Die Potsdamer Straße ist eine der wichtigsten Straßen Berlins, bekannt für ihre reiche Geschichte und kulturelle Vielfalt. Von den Berlinern liebevoll und etwas flapsig "Potse" genannt, schlängelt sie sich durch die Bezirke Schöneberg und Tiergarten in Richtung Berlin-Mitte.
Die folgenden 11 Stationen zeigen Schnappschüsse einiger Gesichter und Geschichten der vielen kreativen Menschen der Potsdamer Straße. Sie verdeutlichen, wie sich diese Straße ständig verändert und dabei ihren einzigartigen Charme bewahrt.
Station 1 - 19.09.2019 um 9:34
- Potsdamer Str. 50
Neue Nationalgalerie
Das 1968 eingeweihte Gebäude von Mies van der Rohe ist ein ikonisches und weltberühmtes Bauwerk. Es wurde auf einem vom Zweiten Weltkrieg leer gebombten Gelände in der Mitte Berlins errichtet und stand zu Zeiten des Kalten Krieges allein am Grenzzaun zwischen Ost und West. Es symbolisiert nicht nur den Wiederaufbau Deutschlands, sondern auch die Idee der demokratischen Moderne, die sich zeitlos in dieses Gebiet einschreiben sollte. Am 22. August 2021 wurde die Neue Nationalgalerie nach umfangreichen Renovierungsarbeiten durch den Stararchitekten David Chipperfield wiedereröffnet. Sie präsentiert Kunstwerke des 20. und 21. Jahrhunderts. Jahrhunderts. In der lichtdurchfluteten oberen Glashalle finden Sonderausstellungen zur zeitgenössischen Kunst statt, während im großzügigen Untergeschoss umfangreiche Sammlungen zu sehen sind.
Station 2 - Potsdamer Str. 75
Gaststätte Joseph-Roth-Diele
Im Jahr 2002 gründeten Caroline Mentz, Ulrike Schuster und Dieter Funk diesen außergewöhnlichen Ort genau an dem Ort, an dem Joseph Roth die ersten Zeilen seines Romans "Das Spinnennetz" schrieb. Joseph Roth wohnte nebenan, in der Potsdamer Straße 73. Heute liegen eine breite Zeitungsauslage und Roths Romane zum Lesen aus. In einem authentischen Interieur aus den 1920er Jahren wird deftige deutsche Küche serviert - so scheint es zumindest. In Wirklichkeit ist die Einrichtung aus Sperrholzresten eine reine Konstruktion ihrer Gründer. Sie ist aber eigentlich viel mehr: eine echte Hommage an den Intellektuellen Joseph Roth.
Station 3 - Potsdamer Str. 81e
Esther Schipper
Erst war die Galerie in der Linienstrasse und dann am Schöneberger Ufer, gleich um die Ecke der Potsdamer Strasse. Der Umzug in die Mercator Höfe 2017 war eine gute Entscheidung. Die Nähe zu den anderen Galerien und die erstklassigen Designershops ziehen ein gutes Publikum an. Mit dem Aufzug geht es nach oben in den 3. Stock des Seitengebäudes zur Galerie Esther Schipper. Der Eingang über die kleine Brücke direkt aus dem Aufzug in die Galerie und die Aussicht über den Hof ist beeindruckend. Esther Schipper betreut 41 internationale Künstler.
Station 4 - ehemalige Potsdamer Str. 86
Gebrüder Berger
Zwischen all den neuen Restaurants, angesagten Designerläden und hochkarätigen Galerien hat sich in der Potse 86 ein Ort bewahrt, an dem sprichwörtlich die Zeit stehen geblieben ist. Ein Ort der von einer Zeit erzählt, die noch nicht von digitalen Tools beherrscht wird. Ein Laden, an dem noch Gardinen vor den Fenstern hängen und über der Kasse ein grünes Kassenschild dem Kunden zur Orientierung dient. „Ach ja, das sind unsere Stechkarten. Die Stempeluhr ist schon so alt, da wird gar keine Druckerpatrone mehr für hergestellt. Wir nutzen das immer noch so, das druckt zwar nicht mehr aber man sieht die Einprägung von der Stanze.“
Inzwischen mussten die Gebrüder Berger umziehen und liegen nun nahe zum ehemaligen Standort in der Bismarckstraße 72.
Station 5 - Potsdamer Str. 91
OH, PANAMA
Oh wie schön ist Panama. Der Titel des Janosch Kinderbuchklassikers kommt nicht sofort in den Kopf, wenn man das elegante Restaurant betritt. Die Einrichtung ist so erwachsen. Es ist ein schöner Ort. Ein beeindruckendes fotorealistische Bild einer kargen Wüstenlandschaft an der Wand. Große Kakteen, smaragdgrüne Samtsessel, bauchige Vasen. Die Einrichtung mutet exotisch an. Jeder Gegenstand harmoniert miteinander, ohne zu sehr aufeinander abgestimmt zu sein. Die geflochtenen Holzstühle und die helle Wandverkleidung treffen zielsicher den Farbton der Backsteinmauer des Gründerzeitgebäudes. Das kann kein Zufall sein, und erscheint doch nicht künstlich durchdesignt. Früher wurden die alten Werksgebäude als Druckerei genutzt, heute ist es ein Ort zum Wohlfühlen und Verweilen. Das Panama gehört neben dem Katz Orange in Mitte zum Contemporary Food Lab. Das Lab entwickelt beispielsweise für Museen Food Konzepte und schlägt Interior Design Ideen vor. Eine Berateragentur für Gastronomiebetriebe sozusagen. Die Räume des Panamas gehören zum ehemaligen Tagesspiegelgebäude, bevor das Restaurant eingezogen ist, standen sie leer. Es wurden Decken eingezogen und Böden verlegt, damit das erste gehobene Restaurant in der Potsdamer Strasse eröffnen konnte. 2016 war das, seitdem nimmt die Kundschaft stetig zu. Auf der Karte stehen regionale Produkte wie Hohenloher Rind und Schmorgurken, der südamerikanische Flair wird mit Jalapeños, Ceviche und Tacos ergänzt. Inzwischen ist auch die Tiger Bar in den Räumlichkeiten zu finden.
Station 6 - Potsdamer Str. 91
mapmovingstory
Die Agentur für Kommunikation befindet sich in der ersten Etage in einem der ältesten Vorderhäuser der Potsdamer Strasse, mit Ausblick auf die bekannte Victoria Bar, in der sich die ein oder anderen internationalen Künstler antreffen lassen.
Station 7 - Potsdamer Str. 93
Harb - Weine und Feinkost aus dem Libanon
„Unsere Produkte haben alle die höchste Qualität. Ich würde nichts verkaufen, was ich auch selbst nicht esse“, erzählt Olli, Geschäftsführer des orientalischen Import Export Laden. Ein Großteil der Ware wird direkt an Gastronomie und Hotellerie verkauft, zu den Kunden zählen die gehobenen Restaurants und Hotels in der Potsdamer Strasse. „Bei uns gibt es den feinen Orient. Das findet man nicht so häufig in Berlin.“ Ollis Vater war früher Leiter des libanesischen Konsulats und dann einer der ersten orientalischen Lebensmittelhändler in Deutschland. Die Familie hat gute Beziehungen in den Libanon. Für den Laden ist es toll, dass die Strasse sich wandelt. Olli ist Vizevorsitzender der IG Potsdamerstrasse. Die Interessengemeinschaft setzt sich für die Anwohner und Gewerbetreibenden in der Potsdamer Strasse zwischen Kleistpark und Landwehrkanal ein. Für den Unternehmer ist es von Vorteil, dass immer mehr kaufkräftiges Publikum in der Potsdamer Strasse unterwegs ist. Im Haus nebenan hat er mit zwei Freunden ein Mittagslokal eröffnet. Maximale Gewürze, minimalistische Einrichtung. Das Konzept geht auf, jeden Mittag ist das Lokal gut gefüllt mit jungen Menschen, die in einer der Agenturen oder Galerien um die Ecke arbeiten.
Station 8 - Potsdamer Str. 97
Klosterfelde Edition
Seit mehr als einem Vierteljahrhundert zählt Klosterfelde Edition zu den führenden Namen in der Herstellung von limitierten Editionen und Multiples. Durch die fortlaufende und enge Kooperation mit einigen der weltweit renommiertesten Künstler, darunter Matt Mullican, Lawrence Weiner und Jorinde Voigt, kreiert die Galerie geistreich verspielte Kunstwerke, die für die jeweiligen Künstler charakteristisch sind.
Gegründet wurde Klosterfelde Edition 1990 von Helga Maria Klosterfelde in Hamburg. Seit 10 Jahren ist Alfons Klosterfelde mit der Editions Galerie Klosterfelde hier in der Potsdamer Strasse 97. Davor war sein Bruder Martin hier. Die Galerie war früher mal ein Schreibwarengeschäft gewesen, die alten Schränke kommen noch aus der Zeit. Hinter den verspiegelten Schranktüren verbergen sich noch die Regalbretter mit alten Stiften und deren Bezeichnung.
Station 9 - Potsdamer Str. 98a
Edenspiekermann
Erik Spiekermann (*1947) – Setzer, Drucker, Kunsthistoriker, Schriftentwerfer und Fachautor – gründete 1979 MetaDesign, das er zum größten deutschen Designbüro bis zu seinem Ausstieg 2001 ausbaute. In der Potsdamer Strasse betreibt er die digital-analoge Buchdruckwerkstatt galerie p98a. Hier gibt es viele Andruckpressen, einen Simplex Tiegel, unzählige Schriften aus Holz und Blei, eine Ludlow Typenguss Maschine, einen Risograph und einen Typengreif.
Station 10 - Potsdamer Str. 98
Andreas Murkudis
"ANDREAS MURKUDIS 98 repräsentiert eine große Auswahl an hochwertigen Möbelmarken und bietet ein komplett eingerichtetes Apartment mit Wohn-, Schlaf- und Esszimmer sowie einem Badezimmer." - Website.
In der Potsdamer Strasse 77 befinden sich inzwischen in dem Galerie-ähnlichen Raum entweder Kunstwerke, feinste Mode oder eine Auswahl handgefertigter Möbel und Keramik. Bei der Hausnummer 81 bietet Murkudis in den ehemaligen Tagesspiegel Druckerei-Hallen hochwertige Designer Mode, Accessoires und Beauty Produkte an.
Station 11 - Potsdamer Str. 199
Unique Factory
"Eigen-Art ist unser Anspruch. Gesichtslose Massenprodukte aus anonymen Großserien lassen wenig Raum für Objekte mit eigenständigem Charakter. Eigen-Art ist unser Anspruch. Gesichtslose Massenprodukte aus anonymen Großserien lassen wenig Raum für Objekte mit eigenständigem Charakter. Dagegen möchten wir Zeichen setzen." - Website.
Fotograf
Dawin Meckel
Die "Potse"-Story wurde von dem Fotograf Dawin Meckel bildlich festgehalten. Er ist Teil der unabhängigen berliner Agentur OSTKREUZ, welche sich aus 25 Fotograf*innen zusammensetzt und Ansprechpartner für Fotoausstellungen, Fotoproduktionen und die Lizenzierung von Bildern ist.
In Zusammenarbeit mit Interviewerin Anna und Ideengeber Rosbeh und Matthias von mapmovingstory.